Donnerstag, 4. August 2011

Die Geschichte Teil 28


Während des Frühjahres 88 waren Stephan, Kevin, Trimmi und noch 2/3 andere "Terroristen" in Frankfurt Bornheim unterwegs. Es war nach Dienstplan gesoffen worden, und zu, wie die Postschalter, torkelten sie die nächtliche Bergerstraße runter, in den Baumweg hinein, geradewegs vor die Tür einer Kneipe, die sich gerade schloss.Mit dem letzten Luftzug war einer von ihnen hineingehuscht und hatte den Wirt davon überzeugt, dass er mit seinen Freunden noch auf ein letztes Bier bleiben müsste. So ging es oft. Sie tranken wie besessen, fanden kein Ende und irgendwann gab es Stress. Im "DALI" hatte sich einmal ein Wirt empört und sofort eine Gegenreaktion ausgelöst. Ein Wort gab das andere, und plötzlich schlugen sie auf alles ein.
Eklat folgte auf Eklat. Auf der Bergstraße flüchteten 20-30 Gäste aus einer Kneipe, in der Kevin und Stephan mit Gläsern warfen. Im Frühjahr 88 gab es Wochen, da geschah überhaupt nichts, und dann gab es diese Tage, da gingen ein bis zwei Läden zu Bruch.
"Kneipenterroristen" erschien im August 88 und verkaufte sich von Beginn an blendend. 20 000 Einheiten waren bis zum Herbst über die Tische gegangen. Zum ersten Mal gab es Abrechnungen für verkaufte Platten. Verschmierte, handgeschriebene Rechnungen, aber wenigstens etwas Amtliches. Nowotny zahlte aus. Nicht regelmäßig und auch nicht viel, aber er zahlte. Für die "Onkelz wie wir" und die neue "Kneipenterroristen" bekamen sie jeder einen Abschlag von mehreren tausend Mark. Auch wenn sie immer noch keinerlei Überblick über ihre verkauften Alben hatten und Nowotnys Management sich mehr oder weniger auf das Kassieren von Geld zu beschränken schien, so ging es doch endlich voran. Mies waren nur die kleinen linken Spielchen, die Nowotny begonnen hatte. Warum war der Mann nicht in der Lage, Konzerte zu organisieren ? Warum gab es ihre Platten nicht überall zu kaufen ? Nowotny sah den Erfolg Egoldts, der sich mit rechtsradikaler Musik aus dem deutsch/englischen Sumpf dumm und dämlich verdiente, und die Band hatte den Eindruck, dass es ihm ganz und gar nicht recht war, dass sie ihren Status als Skin-Kultband aufgegeben hatten. Ohne die Onkelz davon in Kenntnis zu setzen, lancierte er einen Gig für den 23. April 88 in einer Kneipe in Lambsheim. Als Support hatte Nowotny eine dumpfe Skinprollkombo gebucht, die er als Onkelznachfolger zu propagieren gedachte. Stephan bekam wenige Tage vor dem Konzert den von Nowotny gestalteten Flyer in die Hände, der das böse Menschen, böse Lieder Covermotiv von 1985 trug. Ein in schwarz/weiß/rot gehaltener Flyer, der bewusst alle Distanzierungsversuche der Band zunichte machte. Noch bevor sich die Band aufregen konnte, war das Konzert abgesagt worden, weil sich der Kneipenbesitzer aufgrund schlechter Erfahrungen weigerte, an "Skinheads" zu vermieten. Während der Aufnahmen zu "Kneipenterroristen" kam es zu heftigen Szenen zwischen der Band und Nowotny. Stephan stritt sich ständig mit ihm, brüllte ihn an und sagte ihm die Meinung, wann immer ihm danach zumute war. Manchmal ging es um Geld und Abrechnungen, manchmal um sein mangelndes Engagement oder seine linken Aktionen. Permanent arbeiteten Nowotny und Stephan gegeneinander an. Sobald Stephan aus dem Raum war, ließ Nowotny keine Gelegenheit aus, die anderen drei davon überzeugen zu wollen, dass sie sich unbedingt von Stephan trennen mussten. Die schlechte Stimmung griff auch auf die Band über. Die Streitereien zwischen Stephan und Gonzo häuften sich, und zum ersten Mal sahen die Onkelz eine größere interne Krise auf sich zu kommen. Der Vertrag war fast erfüllt. Keiner wusste, wie es nach dem nächsten Album weitergehen sollte.

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