Mittwoch, 15. Februar 2012

Die Geschichte - Teil 55

Aus Stephan und Gonzo quollen die Lieder nur so hervor. Mitte 93 hatten sie so viele Ideen und Texte, dass sie genug Lieder für drei Alben gehabt hätten. Zusammen sperrten sie sich ein und brüteten über den Melodien der nächsten Veröffentlichung. Wenn es möglich sein sollte, dann würden sie sogar zwei Scheiben herausbringen. Diese Idee setzte sich bei Stephan fest. Anstatt nur einer Antwort auf den Pressezirkus und den Medienterror würden sie zu einem Doppelschlag ausholen. Alle in der Band fuhren mächtig auf die Vorstellung ab, wie dumm der Handel gucken würde, wenn er erkannte, dass die Onkelz damit durchkämen. Stephan war sich seiner Sache sicher. Er fühlte, dass diese doppelte Veröffentlichung für die Industrie wie ein erneuter Schlag ins Gesicht wirken würde.
"Schwarz/Weiß" war das Konzept. Weidners Dualität, der Zwilling, "Licht und Schatten steh´n gemeinsam vor der Tür . . ." , kam hier ein weiteres Mal zum Ausdruck. Sonne und Mond waren auf den Innenseiten zu sehen und in Blindenschrift und Zeichensprache, war der Name Böhse Onkelz zu fühlen bzw. zu lesen. ". . . für die blinden und die tauben noch ein allerletztes Mal . . ."



1993, noch lange vor der Veröffentlichung der beiden Alben, gab es zahlreiche Journalisten, die sich um eine objektiveAnnäherung bemühten. Gut 500 000 Einheiten waren von "W.h.n.l.n.g.", "Live in Vienna" und der "Heiligen Lieder" verkauft worden. Dass bei solchen Verkaufszahlen und bei Zuschauermengen, die pro Konzert mittlerweile die 4000er Grenze überschritten, nicht nur Rechtsradikale die Platte kauften oder die Konzerte besuchten, fiel jetzt auch der Presse auf. Bis zum Sommer 93 gab es viele Artikel, von Redaktionen, die sich aktiv mit der Wandlung der Böhsen Onkelz beschäftigt hatten.


Am 17. 10. gaben die Onkelz ein großes Konzert in der Bremer Stadthalle. Eine "gegen Rechts" - Veranstaltung, die den Titel "Mensch" trug. Neben einer Vielzahl von Acts gegen rechts, gab es eine Ausstellung junger internationaler Künstler, die von den Onkelz finanziell unterstützt wurde. Die Onkelz selbst waren als Headliner angekündigt, um möglichst viele Jugendliche aus allen Schichten anzusprechen. Es kam zu einem bemerkenswerten Zwischenfall : Als ein Skin vor der Bühne die Hand zum Hitlergruß hob, unterbrach Gonzo das Konzert. Das Hallenlicht wurde angeknipst, und auf der Bühne versammelte sich eine Traube von Security-Leuten, die konzentriert in die Richtung blickte, in die Gonzo zeigte. Während der Provokant kurz darauf rüde aus der Halle geworfen wurde, begleiteten ihn die Stimmen von 7000 Zuschauern, die alle "NAZIS-RAUS" riefen. Solche Lektionen waren weitaus hilfreicher, um fehlgeleiteten Fans die Richtung zu weisen, als verleumderische Hetze in der Tagespresse. Von 7000 Onkelzfans rausgeworfen zu werden, war mit Sicherheit ein einschneidendes Erlebnis für diesen Fan.
Die Stadt Bremen zeigte sich beeindruckt. Der Metal Hammer wählte das "schwarze Album" zur "Platte des Monats Dezember".

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen